Kapitel 1: Schon voll auf Kotze
...und voller Hass auf die Deutsche Bahn, bevor ich überhaupt im Zug sitze! Der Grund? Die NEUEN Ticketautomaten. Wie kann ein Milliardenkonzern Automaten ->erneuern<- und deren Software "kundenfreundlicher und intuitiver gestalten" und de facto brauche ich, trotz auf der Bahncard gespeicherter Lieblingsrouten, 3 Minuten länger um ein Ticket zu ziehen, als vor der großen Modernisierung? Außerdem verbitte ich mir bei nagelneuen Gerätschaften die allseits gefürchtete "Sanduhr", sobald ich den bereits versifften nagelneuen Touchscreen berühre!
Finally im ICE 603 angekommen macht sich Erleichterung breit. Keine Verspätung, keine plärrenden Assikinder und keine muffige Luft - lang lebe die Oberklassenbeförderung!
Obendrein fühle ich mich mit meiner Lucky 13 Baseballjacke und dem Grand Magus Shirt als illustre Abwechslung zwischen zahllosen schlipstragenden Mac Usern, die wie wild die Aktienkurse diskutieren!
Ich werfe siegessicher ein "abstoßen, Daimler Chrysler sofort abstoßen, die stürzt ab!" in die Runde und verabschiede mich in die Welt meines mobilen Musikdatenabspielapparates!
Kapitel 2: Frankfurt AirPort / Flug
Es läuft alles erstaunlich gut. Zu gut. Hier stimmt doch was nicht. Ich trotte durch den Flughafen Richtung Gate, immernoch verwundert, dass ich es tatsächlich mal überpünktlich irgendwohin geschafft habe. Aber nach einer Beinahe-Schlägerei mit Ryanair Personal und einem verpassten Flieger beim letzten Trip, bin ich vorsichtig.
Murphys Law hält sich bisher zurück, doch ich bin auf der Hut. Außer 2 jungen ADHS Patienten mit Yugih-Oh-Rucksäcken und latenter NintendoDS-Sucht ist es ruhig an der Front! Die können mir keine Angst machen, denn Heavy Meeeetttaaal war schon immer lauter als der Super Mario Soundtrack! Das Boarding verläuft total entspannt. Alles in time. Lufthansa eben.
Große Freude meinerseits, dass die üblichen schier unerträglichen Ohrenschmerzen beim Start ausbleiben. Dafür sind die Stewardessen nicht so der Burner. "Wat willste maache?"
Immerhin reicht mir schon bald eine Dame mit viel zu großen Hosen einen Snack und ein kaltes Bier! Die neue Crowbar auf den Ohren - Perfekt!
Kapitel 3: Welcome to Helsinki!
Ahhhh die „Hell-City“ begrüßt mich mit Schnee und Eiseskälte! -20 Grad sorgen für Erfrischung. Nun eine kurze Busfahrt ins Zentrum, wo mich mein Kumpel und Gasteber Flo abholen wird!
Getrieben von jugendlichem Übereifer steige ich eine Haltestelle zu früh aus und werde mit einem knackigen Fussmarsch durch das frostige Helsinki belohnt.
Umso toller war das Lonkero (populäres Gin Mischgetränk) Empfangskomitee das mich erwartete. Man hatte sich lange nicht gesehen und somit viel zu erzählen, sowie Pläne zu schmieden für die nächsten Tage.
Accept Showcase, Expo auschecken, ein Eishockeyspiel, Amorphis und Pain Listening Session im Studio - gute Aussichten! Und zack war es 4 Uhr. Good Night Finland!
Kapitel 4: Goooood mooooorning Vieeetnaaaaaaaaam
... ach nein hier ist ja Schnee, und Kälte angesagt, statt schwüle Hitze und Dschungel. Ein Glück!
Also guten Morgen Finnland! Kaum erwacht, lacht draussen die Sonne und Flos Freundin Pirre kommt mit Frühstück zur Tür rein! Geil! Dazu eine Metallica DVD und um 12:45 Ortszeit steht der erste Lonkero auf dem Tisch. Puh. Sollte dies der Vorbote eines apokalyptischen Abends sein?
Ja, sollte es!
Finnen kennen was Alkohol angeht wirklich keine Gnade und drücken einem auf jedem noch so kleinen Weg ein Getränk „to go“ in die Hand. Und wehe man verweigert den Befehl! Zuerst machten wir einen kurzen Zwischenstop in der Bar „ON THE ROCKS“ direkt am Bahnhof bevor es mit der Bahn zum Eishockeystadion geht um „Jokerit Helsinki“ anzufeuern! Güteklasse A Cheerleader supporten den Verein und das Maskottchen des Teams macht Kokolores:
Der nächste Halt war das „Virgin Oil“, der Veranstaltungsort des offiziellen Konzertprogramms für diesen Abend. Hier traf man viele bekannte Gesichter von anderen Labels, Bands und auch die Schreiberlinge von diversen Magazinen waren am Start.
Der Laden besticht zwar durch pompöse Optik, jedoch zog es uns schon bald in den angesagtesten Schuppen von Helsinki. Die legendäre Backstage Bar ( http://www.bakkari.fi/ ) oder auch „Bäkkäri“ genannt, hat seit letztem Jahr mächtig aufgestockt! Doch dazu später mehr, denn an diesem Abend bleiben wir in der gemütlichen Kneipe im Erdgeschoss und lassen uns volllaufen. Der Laden ist einfach 100% Rock. Setlisten und Catering Rider und stylische Tourposter an den Wänden, super Musik, den ganzen Abend lang stets mit passendem Video auf den 4 Screens – so muss das sein! Ich lerne einen Haufen cooler Leute kennen und nach diversen Hektolitern Lonkero wird sogar Finnisch unterrichtet. Hier ein Auszug aus meinem Vokabelheft:
finish language for Alex
nice boobs = hyvää tissit
nice ass = hyvää Perse
kiss ? = Suudellaankow?
kiss ? = Suudellaankow?
haista vittu - fuck you
Soviel zu den “Basics” um hier 4 Tage gut über die Runden zu kommen.
Kapitel 5: Postapokalyptischer Hangover
Tag2. Es war eine kurze und unruhige Nacht, denn mein Magen hatte schwer zu kämpfen mit dem, was ich ihm am Abend zuvor munter entgegengeschüttet habe. Doch was hilft besser gegen Kater als ein super Frühstück und dazu, ihr ahnt es, eine weitere Metallica DVD. „Fight Fire WitFire“.Wie passend, denn wir versuchen den Kater mit Bier zu bekämpfen. Ich scheitere kläglich. Kreidebleich und leidend machen wir uns auf zur Amorphis Listening Session im Studio.
Ein Glück, die ganzen Journalisten sehen heute Morgen auch nicht besser aus als ich. Irgendwann bekomme ich gegen meinen Willen Bier eingeflöst und die Magen- und Kopfschmerzen verschwinden endlich.
Das neue Amorphis Album wartet wie gewohnt mit viel Druck und Melodie auf. Mir persönlich gefallen vor allem die düsteren, harten Passagen in der Säger Tomi Joutsen ein paar fette Shouts abfeuert.
Während die Journalisten gespannt lauschen wird mir schwarz vor Augen. Dieser Kater kämpft wirklich mit allen Mitteln. Erstmal raus an die frische Luft!
Kennt ihr das, wenn man kurzzeitig überhaupt keinen Plan hat und am Ende landet man in der lustigsten Situation überhaupt? Ha! Genau so ist es uns auch ergangen. Einige Leute wollten nicht gleich zur Messe, sondern vorher noch gemütlich ein Getränk nehmen. Und wo landen wir? Im Fuchsbau! „Vanha Kettu“ (zu Deutsch: alter Fuchs) heißt Helsinkis mit Abstand schäbigste und skurrilste Absteige. Der traumhafte Wandschmuck wird schnell zur begehrten Trophäe:
Wir sitzen in gemütlicher, bunt gemischter Runde aus verschiedensten Firmen und Altersklassen und beobachten das bunte Treiben an diesem bizarren Ort. Ein schlafender Gast im Skianzug wird mit Backpfeifen versucht zu wecken und ein alter Herr singt uns lauthals alle Strophen der deutschen Nationalhymne sowie „Trink, trink, Brüderlein trink“ vor.
Kurz vor der Totaleskalation machen wir uns aus dem Staub und düsen zum eigentlichen Messegelände, der „Cable Factory“. Hier gibt es eine Konzerthalle, in der gerade Tryptikon zocken und eine Halle mit den klassischen Messeständen. Mein Highlight: der Stand des Helsinki Rock Shops www.hellsinkishop.com . Als ich mein Portemonaie zücken will, verneint Chef Jan und drückt mir ein Shirt in die Hand, yeah danke!
Taktisch klug machen wir uns ein paar Minuten vor dem offiziellen Ende auf Richtung Bäkkäri und entkommen dem Taxi Chaos!
Endlich sollte ich in den Genuß der zahlreichen Neuerungen des Clubs, der niemandem geringeren als Jussi dem 69 Eyes Drummer gehört, kommen.
Es gibt nun neben der gemütlichen Kneipe unten, auch eine große Partyarea im 1. Stock. Hier wird dem Gast wirklich alles geboten, was das Rock’n’Roll Herz begehrt. 2 große Theken, Tanzfläche, gemütliche Sitzgelegenheiten und geniale Deko. Unzählige Screens und eine XXL Leinwand zeigen stets das passende Video zum gerade laufenden Song! Das Sahnehäubchen bildet die auf Nachfrage der weiblichen Gäste installierte Pole-Stange. Ja meine Herren, richtig gehört die haben eine Pole Stange und ja, die wird genutzt. Erst von sehr gelenkigen Finninen, später von sehr betrunkenen Deutschen (leider sind diese Beweisfotos auf mysteröse Weise verschwunden ;) ).
„Augenschmaus“ ist kaum schmeichelnd genug, um zu beschreiben, mit welch Anmut sich die finnischen Mädels hier knallhart vollaufen lassen. Drunk as fuck und immernoch wunderhübsch und elegant wird abgerockt bis zum Abwinken.
Zu später Stunde rasten Flo und ich nochmal komplett aus denn Jussi spielt uns noch „Master of Puppets“ und „5 Minutes Alone“. Um 4 werden wir dann rausgekehrt. Gute Nacht *hicks*.
Kapitel 6: Same booze different day
Tag 3. Samstag 11:00. Ich werde wieder von Metallica geweckt. Was kann es besseres geben? Die Live Shit DVD im Player und was zu Futtern, um eine gute Grundlage zu schaffen.
Unser Programm sieht heute im Grunde genauso aus wie gestern. Listening Session im Studio, diesmal mit Pain, zur Messe Accept schauen und ab ins Bäkkäri! Ideal!
Doch vor dem Messebesuch sollte noch ein singender Elch und ein weiterer Stop im Fuchsbau auf mich zukommen.
Hier seht ihr meinen neuen Freund, den Elch. Man kann ihn mit einem Funkmikrofon singen lassen. Für mich die Erfindung des Jahrtausends!
Nachdem ich mit dem Elch ein paar Klassiker wie „Holy Diver“ geträllert habe wurde ich, ihr ahnt es schon, wieder in den Fuchsbau verschleppt.
Wieder entstanden neue Freundschaften. Bernhard der Bernhardiener gesellte sich zu uns an den Tisch. Der freundliche Plüschhund tanzte erst mit uns und später kam es zu hocherotischen Handlungen mit diversen Gästen des Etablissements.
Plötzlich vernehme ich finnisches Liedgut aus der Ecke. Mein geschultes Ohr erkennt sofort hier wird geterzt, gequartet und octaviert. Kombiniere: Helsinki Barbershop Quartett hat Stammtisch!
Etwas verspätet, aber mit sehr guter Laune, kommt die Reisegruppe „Fuchsbau“ also in der „Cable Factory“ an. Die Messestände sind gut besucht und im Konzertraum wird die Bühne für „ACCEPT“ vorbereitet. Ich treffe die bereits vorfreudigen Kollegen Chris und Niels und wir geben uns die volle Dröhnung bei Accept, inklusive „Balls To The Wall“ als Zugabe. Super Show, die Band rockt, auch ohne Udo. Bassist Peter Baltes verbreitet den puren Spielspaß und das überträgt sich auf‘s Publikum!
Wer bis hierhin gelesen hat, weiß bereits was nun kommt. Genau, ein Großraumtaxi zur Bar Bäkkäri! Jussi der Barbesitzer hatte offensichtlich gute Laune, denn ich wurde in dieser Nacht stolzer Besitzer einer „Backstage Card“, welche mich von nun an als Stamm- und Ehrengast ausweisen sollte. „You now get 50% discount on every drink“, hieß es. Mein Schicksal war besiegelt.
Es war ein wunderbarer Abend. Die klassische „Abschlusssause mit allemann“. Man traf Journalisten und Fotografen, Labelkollegen, Booker, Manager, Bandmember von Apocalyptica, Amorphis, Nightwish und natürlich zahllose andere coole Menschen die zu den Stammgästen der Bar Bäkkäri gehören.
Gerne würde ich euch hier ein paar Bilder präsentieren aber um ehrlich zu sein, sind ab hier Bildmaterial und Erinnerung verschwommen.
Kapitel 7: Sodbrand sondergleichen
Ich erwache irgendwo in Helsinki in einer Wohnung, die mir nicht sehr bekannt vorkommt. "What shall it" sag ich mir und mache mich auf den Weg zu Flo‘s Bude.
Sodbrand.Arrrrgh, dieser Sodbrand. Schier unerträglich und ohne Gnade wütet er in meiner Kehle. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich noch ganz schön einen sitzen habe also nehme ich es mit Humor und geniesse die frische Luft und die Sonne!
Kaum bei Flo angekommen schlägt der Kater richtig zu. "I fuckin feel like Ozzy" sage ich und schleiche in gebückter „Prince of Darkness-Haltung“ unter die Dusche. Boarding Pass ausdrucken, Sachen packen und ab die Post. Ich verabschiede mich von meinen unglaublichen Gastgebern, denen es kein Stück besser geht.
Der verhurte Buslenker gibt mir mein Wechselgeld in Münzen wieder. Super nun ist mein Portemonaie gefühlte 4kg schwer. Dafür hat er es verdient angebellt zu werden. Wie immer ungläubige Blicke um mich herum.
Ich hoffe am Flughafen nochmal den ein oder anderen Mitstreiter zu treffen um die letzten Tage Revue passieren zu lassen.
Ganz ehrlich, was hier abging, das geht auf keine Kuhhaut. Die Finnen kennen kein Ende und haben definitiv das Trinken erfunden! Vielleicht haben sie auch einfach dieses bestimmte Gen doppelt, was Alkoholresistenz regelt. Stimmt, denn den Asiaten fehlt es ja angeblich. Nun wissen wir, wer‘s geklaut hat. Die Finnen. Obendrein war wirklich jeder hier unglaublich nett zu mir, vom Kneipenbesitzer zur Klofrau und vom finnischen Metalfan hin zu den hohen Tieren der skandinavischen Musikwelt!
Besonderer Dank gilt natürlich meinem Partner in Crime Flo und seiner Dame Pirre, sowie den Verrückten der "Reisegruppe Fuchsbau" - danke für alles ihr "Saustalldierscher", wuff!
Helsinki is Hell-City!
I will be back!
Lahnsteiner
Lahnsteiner
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